Es war eine lange, eine sehr lange Fahrt an diesem letzten Augustwochenende. Und es war eine heiße Fahrt im Bürgerbus der Gemeinde Gerbrunn. Aber sie lohnte sich!
Nach kurzem Abstecher in unsere thüringische Partnergemeinde Themar (zwecks Aufnahme einer weiteren Mitfahrerin) ging es über Erfurt, vorbei an Dresden, Görlitz / Zgorzelec und Breslau / Wrocław bis südlich Oppeln / Opole. Kaum hatten wir den Glutofen der Autobahn A4 nach etwa zehnstündiger Fahrt hinter uns, lag er plötzlich vor uns: Der Sankt Annaberg / Góra Świętej Anny, dieser 406 m hohe Rest eines erloschenen Vulkans, dieser Deutsche und Polen im Laufe ihrer Geschichte öfter einende, aber manchmal eben auch entzweiende, bis aufs Blut umkämpfte und von beiden Seiten vereinnahmte und instrumentalisierte Ort. Dieser Pilgerort allein mit seiner jahrhundertealten Basilika, seinen baumbestandenen Alleen, seinem Amphitheater aus den 1930er Jahren und seinem erst vor wenigen Jahren eingerichteten Geopark wäre eine eigene Reise wert. Und die angesteuerte Unterkunft - mit weitem Blick ins Odertal - lag nur einen Steinwurf entfernt! Leśnica / Leschnitz kann sich glücklich schätzen einen solchen Ort auf seinem Gemeindegebiet zu haben.
Leśnica - seit fast 25 Jahren Gerbrunns polnische Partnergemeinde (die Entstehung und Entwicklung dieser Partnerschaft hat und ist eine lange erzählenswerte Geschichte, die weit bis in die Anfänge der 1980er Jahre zurückreicht) - hatte eingeladen zum Erntedankfest der Gemeinde (Dożynki Gminne Leśnica), das alle zwei Jahre mit einem großen Umzug und Volksfest gefeiert wird. Und sehr viele sind gekommen aus den zwölf Ortsteilen (alle mit eigener Erntekrone, die im Anschluss an den Festzug nach strengen Kriterien bewertet und prämiert wurden), aus den Partnergemeinden Černošice, Gerbrunn und Themar sowie zahlreiche weitere Ehrengäste aus Vereinen, Verbänden und Institutionen. Aus Opole / Oppeln kam auch der deutsche Konsul - ein gutes und wichtiges Zeichen der Einbeziehung und Verbundenheit mit der nach wie vor zahlreichen deutschsprachigen Minderheit. Verständigungsprobleme gab es also kaum und wir erfuhren viel - auch sehr persönliches - über Land und Leute. So soll es sein!
Bemerkenswert auch das große Interesse und die viele Zeit, die sich die Leschnitzer und Leschnitzerinnen - allen voran Bürgermeister Łukasz Jastrzembski persönlich - trotz der vielen Verpflichtungen an diesem Wochenende nahmen und ihren Gästen aus den Partnergemeinden widmeten. Gut investierte Zeit, denn dieses heitere und fröhliche Fest wird uns lange in Erinnerung bleiben und es wird noch oft und viel von ihm erzählt werden.
Gastfreundschaft und Herzlichkeit allein lohnten den weiten Weg in dieses „zehnfach interessante Land“ (Goethe über Schlesien) und sollte sich einmal wieder die Gelegenheit bieten, werden wir die Mühen nicht scheuen und nach Leśnica reisen.
Thomas Finkenberger